Frühlingspost: Anja Tschirren – Dr Goalie bin ig
- sirindlisbacher
- 8. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Die Frühlingspost ist ein Clubmagazin des SHC Grenchen-Limpachtal. An dieser Stelle werden einzelne Auszüge daraus abgedruckt - wenn auch nur digital.
Anja Tschirren hat ein verrücktes Jahr hinter sich. Heimlicher Star des Damenteams an der Heim-Weltmeisterschaft in Visp, bei der sie sich als Torhüterin den Angriffen der Topnationen entgegenstellte – mit einem Grinsen im Gesicht. Und erfolgreicher Aufstieg in die erste Mannschaft: Als erste Frau absolvierte sie ein ganzes Spiel in der höchsten Spielklasse – und feierte bereits mehrere Siege dort mit ihren Teamkameraden.
Anja Tschirren – Dr Goalie bin ig!
Anja, du hast ein Wahnsinnsjahr 2024 hinter dir. WM in Visp, erstes Spiel in der NLA, dabei die erste Frau gewesen die in der höchsten Spielklasse ein komplettes Meisterschaftsspiel absolviert hat. Was hast du dir fürs neue Jahr vorgenommen?
Anja Tschirren: Wirkliche Ziele habe ich nicht. Mir ist immer wichtig, dass ich die Freude an meinem Sport ausleben kann. Natürlich möchte ich dabei immer mein Bestes geben.
Nach der letzten Spielzeit sah es so aus, als ob du in der 1. Liga der Herrenmeisterschaft im Tor Fuss fassen würdest, spielst nun aber in der NLA. Wie hast du dies verarbeitet?
AT: Eigentlich musste ich nicht viel verarbeiten. Es war mir klar, dass ich in ein neues Team komme und dass ich neue Mitspieler haben werde, egal in welcher Liga ich spiele. Ich habe mich gefreut, dass ich die Chance bekommen habe, in der ersten Mannschaft zu spielen. Ich habe mich auf das neue Erlebnis gefreut.

Du trainierst und spielst ja mit unserer ersten Mannschaft, bestreitest aber auch die Wettkämpfe mit den Damen. Wo liegt der Unterschied zwischen der Meisterschaft der Damen und den Herren?
AT: Bei den Damen spielt man vier gegen vier und in der NLA mit fünf gegen fünf Feldspielern. Aber der grösste Unterschied ist für mich, dass ich in der NLA im Tor stehe, und bei den Damen im Sturm spiele.
Dank deinen starken Auftritten auf Clubebene folgte das Aufgebot für die Heim-Weltmeisterschaft der Damen in Visp, wo du das Schweizer Kreuz auf der Brust tragen durftest. Was ist in der Nati anders als beim Club?
AT: Sehr vieles, man lernt die Gegenspielerinnen besser kennen. Und es wächst ein Team zusammen, das aus Spielerinnen aus verschiedensten Vereinen kommen. Weiter sind manche Rituale anders, auch das Warm-up kann unterschiedlich sein. Auch hat man in der Nati meist eine intensive Woche, in der man jeden Tag Spiele hat. Auf Clubebene hat man meist pro Woche nur ein bis zwei Spiele.

Du hast in Visp die Auftaktpartie gegen Tschechien als Startgoalie bestreiten dürfen. Vor einer einmaligen Kulisse. Ein fantastisches Erlebnis?
AT: Ja es war einmalig und unvergesslich. Ich habe gehofft, dass ich dieses Spiel bestreiten darf. Und als ich wusste, dass ich der Startgoalie bin, war ich sehr glücklich. Bei diesem Spiel waren sehr viele Schweizer Fans im Stadion und viele sind auch extra wegen mir angereist. Deswegen war ich auch nervös. Zum Glück ist alles gut gegangen, leider kein Sieg. Ich denke gerne daran zurück, als viele Fans meinen Namen riefen. Das konnte ich mir im Vorhinein nicht vorstellen.
Trotz sechs Gegentoren und einer Niederlage in dieser Partie gegen Tschechien sind zwei Sachen geblieben: Eine immer noch starke Fangquote von 85 Prozent und das Bild von einer glücklichen Anja, die unter der Maske das Grinsen auf den Lippen hatte. Es hat scheinbar Spass gemacht?
AT: Ja es hat sehr Spass gemacht. Mit meiner Leistung bin ich ziemlich zufrieden und mit solch tollen Fans konnte ich das Lachen nicht mehr verbergen.
Ganz im Allgemeinen wirst du als eine sehr positive Person wahrgenommen, die auch auf Clubebene immer wieder grinsend ertappt wird. Und du inspirierst damit viele junge Mädchen.
AT: Ich hoffe, dass ich viele junge Mädchen zum Weitermachen motivieren kann. Und sie animieren kann, dass sie auch „grosse“ Träume haben dürfen, und sollen. Man kann auch als Frau viel erreichen in unserem Sport.
Du spielst in der ersten Mannschaft mit deinen zwei Brüdern zusammen. Eine spezielle Konstellation?
AT: Für mich ist es sehr toll! Ich geniesse es, dass ich mein Hobby mit ihnen teilen kann. Wir verstehen uns sehr gut untereinander. Bei den Junioren hatten wir teilweise auch zusammen-gespielt. Aber ich hätte nie gedacht, dass wir wieder mal ins gleiche Team kommen, deswegen freut es mich umso mehr.

Konntest du dir zu Beginn deiner Juniorenzeit vorstellen, dass du irgendwann in der NLA spielen würdest? Hast du davon geträumt? Oder war dies für dich gar nie ein Thema?
AT: Ich habe mir gar nicht gross überlegt, dass ich in die NLA kommen könnte… Für mich war immer klar, dass ich nach den Junioren in unsere zweite Mannschaft gehen werde. Da es nun die zweite Mannschaft nicht mehr gibt, habe ich ein wenig gehofft, dass ich die Möglichkeit bekomme, in die NLA zu gehen. Ansonsten hätte ich keinen Platz gehabt.
Wie kamst du überhaupt mit dem Sport Streethockey in Berührung? Wieso hast du damit begonnen?
AT: Durch die Familie kam ich zum Sport. Meine Cousins haben alle Strassenhockey gespielt und sie haben meine Brüder mitgenommen. Ganz genau weiss ich nicht mehr, wieso ich begonnen habe. Wahrscheinlich, weil ich mit meinen Brüdern mitwollte. Gestartet habe ich als Feldspielerin. Uns hat aber ein Torhüter gefehlt, und mein Bruder und ich haben neben dem Platz zusammengespielt und beide haben mal die Rolle des Goalies übernommen. Da hat mein damaliger Trainer beschlossen, dass ich ins Tor solle. Das war eine sehr gute Entscheidung!
Du hast als Juniorin alle Stufen ab der U12 im Verein durchlaufen. Jetzt bist du selbst im Trainerstaff der U12. Worauf legst du dabei grossen Wert?
AT: Mir ist wichtig, dass ich ihnen meine Freude zum Sport mitgeben kann. Ich möchte meinen Goalies auch möglichst viel von meinen Erfahrungen mitgeben und sie im Sport weiterbringen. Allgemein macht mir die Arbeit mit unseren Junioren sehr Freude.

Rückblickend aufs vergangene Jahr, welche drei Erlebnisse sind dir speziell in Erinnerung geblieben?
AT: Sicher die WM im Wallis und dabei allem voran das Auftaktspiel sowie auch unser Sieg im Penaltyschiessen. Übers ganze Turnier wurde ich von meinen Liebsten und meinem Verein unterstützt und das schätze ich sehr.
Mein erstes NLA-Spiel… Und dass wir dieses noch gewinnen konnten, machte das Erlebnis noch viel besser.
Das dritte Highlight war wohl, dass ich nochmal eine Saison mit meinen Brüdern spielen kann. Sie haben mich bei den Junioren auch immer unterstützt, nochmal gemeinsam mit ihnen auf dem Platz zu stehen ist sehr schön.
Anja Tschirren
Torhüterin 1. Mannschaft
Spielerin Damen
Kommentarer